Alois Karl Bundestagsabgeordneter a.D für Amberg-Sulzbach-Neumarkt


MdB Karl: Parlamentarierdelegation aus Estland besucht Landkreis Neumarkt

Auf Einladung von Alois Karl, MdB, der Vorsitzender der deutsch-baltischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages ist, besuchte eine Gruppe von Estnischen Parlamentariern Deutschland. Im Rahmen des dreitägigen Berlinaufenthaltes standen hochrangige Gespräch im Bundeskanzleramt, im Auswärtigen Amt und im Verteidigungsministerium auf dem Programm der Delegation. Im Mittelpunkt des zweitägigen Besuches in Neumarkt standen Flüchtlingsthemen und die erneuerbaren Energien. Mit dem Besuch einer Integrationsklasse in der Bräugassengrundschule in Neumarkt startete das Programm, eine informative Visite der Firma Max Bögl, ein Empfang durch Oberbürgermeister Thomas Thumann im Rathaus, aufschlussreiche Einblicke in die Bemühungen, auf lokaler Ebene das Flüchtlingsproblem zu meistern, schlossen sich an und schließlich zur Abrundung ein Abstecher zu Deutschlands größter ökologischer Brauerei, zum Lammsbräu sowie zum Museum Lothar Fischer.

Er hoffe, sagte Bundestagsabgeordneter Alois Karl gegen Ende des zweitägigen Besuchs einer Delegation estnischer Parlamentarier, ihm sei es gelungen, bereichernde Eindrücke seiner Heimatregion zu vermitteln. „Beste Eindrücke sogar“, versicherte der Gesandte der estnischen Botschaft und Stellvertreter der estnischen Botschafterin in Deutschland Carl Eric Laantee Reintamm, der die Gruppe begleitet hatte.

Erneuerbare Energien sind auch ein Thema in dem Baltischen Land. Da hat Bögl mit den Hybridtürmen aus Stahl und Beton für Windkraftanlagen durchaus High-Tech zu bieten. Die drei Bögl-eigenen Windräder auf dem Winnberg östlich des Werksgeländes, Solaranlagen auf den Hallen und ein Blockheizkraftwerk sorgen dafür, dass Bögl am Hauptwerk Greißelbach mehr Energie produziert als dort verbraucht wird.

Beeindruckt waren die Gäste bei einem kurzen Rundgang von der Millimeterarbeit, die in der Produktion geleistet wird, wo die Fertigteile für die mehr als 150 Meter hohenTürme entstehen.

Vorher hatte der frühere Verkaufsdirektor und heutige Senior-Mitarbeiter Werner Vorkauf die Historie des Unternehmens aufgezeigt, das 1929 mit einem Ein-Mann-Betrieb begann und heute in dritter Generation mehr als 6000 Menschen beschäftigt. Es ist das größte Bauunternehmen Deutschland in Familienbesitz. Aufmerksam lauschten die Gäste Kurt Walther, der kurz anhand der 24 Lehrberufe, die Bögl anbietet, umriss, wie das duale Ausbildungssystem in Deutschland funktioniert.

Die estnischen Parlamentarier wissen natürlich um die Probleme, die im letzten Jahr mit dem Flüchtlingsansturm auf Deutschland zugekommen sind, ein Feld, auf dem sie kaum eigene Erfahrung in ihrem Land haben.

Deshalb hörten sie interessiert zu, was Tobias Beer, der zuständige Mann der Regierung der Oberpfalz über das Prozedere in der Erstaufnahmeeinrichtung nämlich im ehemaligen Delphi-Betrieb zu sagen hatte. Rund 250 Flüchtlinge sind dort derzeit untergebracht, die Kapazität der notdürftig abgetrennten und nach oben offenen Abteile in der großen Halle, beträgt 400. Zwei bis drei Wochen bleiben die Menschen hier, bis sie auf ihren Gesundheitszustand untersucht und registriert sind. Dann werden sie auf Unterkünfte in ganz Deutschland verteilt, um dort auf die Bearbeitung ihres Asylantrages zu warten. Die Chancen für Beers Klientel stehen gut, denn der Oberpfalz werden ausschließlich Flüchtlinge aus den Krisengebieten Irak, Syrien, Eritrea und Ukraine zugewiesen. Einige der estnischen Parlamentsabgeordneten suchten das Gespräch mit den Flüchtlingen, um sich ein genaueres Bild zu machen. „Sie sind erstmal zufrieden damit, hier in Sicherheit zu sein“, schilderte eine Abgeordnete ihren Eindruck.

Überrascht waren die Esten von der Hilfsbereitschaft der Neumarkter Bevölkerung, die sich in der vom Verein „Chancen statt Grenzen“ ehramtlich betriebenen Kleiderkammer widerspiegelt.

„An einer Hand abzuzählen“ seien die nicht gänzlich zu vermeidenden Konflikte, sagte Beer auf Frage von Bundestagsabgeordneten Alois Karl. Der merkte zufrieden an, dass es in Bayern bisher nicht zu solch „widerwärtigen“ Demonstrationen und Tätlichkeiten gegen die Flüchtlinge gekommen sei, wie in anderen Teilen Deutschlands.

Dass sich hier im Raum Neumarkt auch die kritischen Stimmen in anständigen Umgangsformen üben, mag am „Neumarkter Weg“ liegen, den Dr. Gerhard Pfohl, Leiter der Abteilung Soziales am Landratsamt Neumarkt, entwickelt hat. Er bemüht sich darum, die Flüchtlinge, die im Landkreis bleiben, derzeit rund 1300, möglichst dezentral und familienfreundlich unterzubringen. Es gibt im Kreis Neumarkt 83 Unterkünfte unterschiedlicher Größe, die aber, das ist der zweite Aspekt des Neumarkter Weges, von wenigen Betreibern professionell betrieben werden. Sie schaffen die Infrastruktur zur umfassenden Betreuung der Flüchtlinge.

Von Dr. Pfohl weiß man, dass er und seine Abteilung sich mit ganzer Kraft für diese Aufgabe einsetzen. Gleichwohl macht er kein Hehl daraus, dass das System seiner Ansicht nach erhebliche Fehler aufweist. Im Nürnberger Hof, mit 80 Personen die größte Asylbewerberunterkunft im Landkreis, ging Pfohl zunächst auf das Positive ein. Die Kommunen in Bayern hätten den in der Bundesrepublik einmaligen Vorzug, dass der Freistaat alle Aufwendungskosten zu 100 Prozent übernimmt. „Aber eben auch alles Steuergelder“, wie Alois Karl erinnerte.

Doch diese Kosten seien im vergangenen Jahr explodiert. Sie betrugen allein für den Landkreis Neumarkt rund zehn Millionen Euro.

Verursacht hat diese immense Kostensteigerung im Vergleich zu früher auch der zuständige Senat des Bundesverfassungsgerichts. Bis zum 18. Juli 2012 bekam eine fünfköpfige Familie etwas mehr als 200 Euro im Monat Unterstützung. Im Landkreis Neumarkt lebten damals 45 Asylbewerber.

Dann verfügten die Richter, dass die Flüchtlinge finanziell mit Hartz IV Beziehern vergleichbar zu stellen seien. Mit einem Schlag waren das dann bei einer Familie mit drei heranwachsenden Kindern fast 1400 Euro monatlich zuzüglich Unterkunft, Haushaltsstrom, Möbel und eventuell anfallender Krankheitskosten. Das Fatale sei, so Pfohl, dass bei Hartz IV das Prinzip lautet „fördern und fordern“, bei den Flüchtlingen aber nur fördern.

Er plädiere für eine Rückkehr zu Sachleistungen und eine einheitliche Regelung für ganz Europa. Das würde, so Alois Karl zustimmend, dem so genannten „Pull-Effekt“ entgegen wirken, die Anziehungskraft Deutschlands vermindern.